Es gibt ein Thema, welches jeder Mitarbeiter im Sicherheitsdienst bestens beherrschen und verstehen sollte. Die Rede ist natürlich von der sogenannten Notwehr. Viele wissen gar nicht, wie sich diese definiert und was der Begriff im Detail eigentlich bedeutet. Gerade als Security solltet ihr euch mit genau diesem Thema jedoch unbedingt eingehender beschäftigen.
Wir haben im heutigen Blogbeitrag daher beschlossen, euch den Begriff Notwehr ein wenig näher zu vermitteln. Dafür werden wir erläutern, um was es sich dabei handelt und was sich dahinter verbirgt. Zeit also herauszufinden, was es mit der Notwehr auf sich hat und warum gerade ihr darüber bescheid wissen solltet.
Vorab noch einmal ein kleiner Disclaimer (wie immer bei rechtlichen Themen), der darauf hinweist, dass wir keine Anwälte sind. Wir versuchen euch bestmöglich zu informieren. Dennoch sind alle Angaben ohne Gewähr und sollten im Einzelfall immer noch einmal genaustens überprüft werden. Wir können hier weder eine Rechtsberatung liefern noch eine Garantie für die Richtigkeit aller Informationen übernehmen, denn dazu ist das Thema zu komplex.
Der Notwehr-Paragraf im jeweiligen Gesetz
Nun ist das mit den Gesetzen erst einmal vermeintlich unkompliziert, schließlich gibt es entsprechende Paragrafen und die legen alles fest, was mit dem Gesetz in Verbindung steht. Stimmt und gleichzeitig stimmt es auch nicht, denn jeder Anwalt wird euch bestätigen, dass viele Paragrafen immer ein wenig Auslegungssache sind oder eben von der jeweiligen Situation abhängen. Nicht immer ist ein Paragraf also auf alles anwendbar.
Zur Notwehr finden wir folgende Paragrafen:
§ 227 BGB
(1) Eine durch Notwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich.
(2) Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
§ 32 StGB
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
§ 15 OwiG
(1) Wer eine Handlung begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Die Definition von Notwehr
Nun ist es mitunter gar nicht so einfach, sich immer auf die Notwehr zu beziehen. Das liegt auch darin begründet, dass jede Notwehrsituation gänzlich unterschiedlich ausfällt. Außerdem stellt sie immer nur eine Verteidigung dar, die entsprechend erforderlich ist. Das wiederum bedeutet, ihr dürft nicht gleich mit Waffen aufeinander losgehen, sondern müsst auch mildere Verteidigungsmaßnahmen in Betracht ziehen.
Außerdem können praktische Situationen verzwickt ausfallen. Hier ein kleines Beispiel, in welchem die Notwehr kein Thema wäre.
Notwehr Beispiel 1: Christian geht von der Arbeit nach Hause, als ihm sein Erzfeind Momo begegnet. Christian fühlt sich unwohl, weiß aber nicht, dass Momo ihm tatsächlich die ganze Zeit gefolgt ist, um ihn anzugreifen. Aus Panik geht er zum Angriff über und macht den ersten Schlag. Dieser haut Momo um, der daraufhin flieht.
Für Christian war der Vorfall später vor Gericht eine Notwehrsituation. Momo hatte einen Angriff auf ihn vor. Das wusste Christian aber gar nicht sicher und hat einfach direkt zugeschlagen. Es war also KEINE Notwehr, sondern ein Angriff seinerseits. Vor Gericht kann er deshalb auch nicht auf Notwehr plädieren, da er von dem Angriff nichts wusste und somit selbst der Täter war.
Notwehr Beispiel 2: Der Sicherheitsdienst am Eingang eines Clubs verweigert jemanden den Zutritt. Der dreht sich um, holt seine muskulösen Freunde, zieht seine Quarzhandschuhe an und geht zielgerichtet auf die Security zu. Die Security wehrt sich mit in dem Augenblick vorhanden Mitteln und geht augenblicklich gegen diese Person vor.
Natürlich ist jeder Rechtsfall ein anderer, aber prinzipiell handelte es sich hier um eine Notwehrsituation, bei der ein Einsatz von weiteren Waffen erforderlich war. Der Angriff war vorherzusehen und die kräftigen Männer wären vermutlich nicht ohne Eigenrisiko zu Boden zu kriegen gewesen. Der Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock war daher eine erforderliche Verteidigung.
Notwehr in Verhältnismäßigkeit setzen
Notwehr ist für Securitys deshalb so wichtig zu verstehen, weil sie den Rahmen absteckt, indem gehandelt werden darf. Nur bei Notwehr verfällt beispielsweise der Anspruch auf Schadensersatz. Um beim zweiten Beispiel von oben zu bleiben: Keiner der Angreifer hätte Anspruch auf Schadensersatz, weil ihr in Notwehr gehandelt habt.
Dabei ist das Thema Notwehr dennoch ein heikles, welches nicht immer Anwendung finden kann. Wer provoziert, darf später nicht auf Notwehr plädieren. Es darf sich nicht um Lappalien handeln, die mit Notwehr gelöst wurden, beispielsweise der Diebstahl von einem Kaugummi. Was ist außerdem, wenn der Angreifer schuldunfähig ist?
Deshalb ist es gerade für den Sicherheitsdienst immer besser, gar nicht erst aktiv werden zu müssen. Notwehr ist im Einzelfall wichtig, um handlungsfähig zu sein, sollte aber dennoch nur mit Bedacht Anwendung finden. Besser ist es immer, zu deeskalieren, allem aus dem Weg zu gehen und Angriffe abzuwehren und ruhig unter Kontrolle zu bringen.
Notwehr heißt oft nämlich auch, in irgendeiner Weise selbst zum Täter zu werden. Nur eben mit dem Unterschied, dass ihr hinterher auf Notwehr plädieren könnt. Als Security solltet ihr solche Situationen aber nach Möglichkeit vermeiden und gar nicht erst entstehen lassen.
Notwehr oder Nothilfe?
Wir möchten hier auch noch kurz auf das Thema Notwehr vs. Nothilfe eingehen. Das ist gar nicht so kompliziert und als Security ebenso wichtig zu wissen wie alles andere. Schauen wir uns die Unterschiede also mal eben etwas genauer an.
Notwehr betrifft im Grunde immer einen selbst. Ihr seid in einer Situation, wo ihr euch verteidigen müsst, also begeht ihr Notwehr. Nothilfe hingegen meint, dass ihr Notwehr für einen anderen ausübt.
Ganz wichtig und oft unterschätzt ist dabei der Punkt, dass das vermeintliche Opfer auch eure Hilfe in Anspruch nehmen möchte. Notwehr für andere darf nur dann ausgeübt werden, wenn die entsprechende Person euch darum bittet oder augenscheinlich (z. B. Hilfe schreiend) in Gefahr ist.
Notwehr betrifft also immer eure Person, wohingegen Nothilfe die Notwehr für andere darstellt. Ohne Zustimmung darf im Grunde aber nur dann geholfen werden, wenn der Tod droht oder massive gesundheitliche Schäden die Folgen von eurem Nichtstun wären.
Zusammenfassung zur Notwehr und Nothilfe
Wer im Sicherheitsdienst arbeitet, sollte sich zumindest schon einmal mit dem Thema Notwehr und Nothilfe beschäftigt haben. Im Ernstfall sollte es eurerseits zudem nie ein Angriff sein, sondern immer Notwehr oder Nothilfe. Nur so seid ihr auf der sicheren Seite und rechtlich besser abgesichert, wenn es um spätere Schadensersatzansprüche geht.
Ein besonders wichtiger Punkt ist der, dass die Notwehr immer in Verhältnismäßigkeit steht. Ihr dürft nicht einfach ein Messer ziehen oder eine Waffe gebrauchen. Die Notwehr muss der Situation entsprechend angepasst sein. Das ist wichtig zu verstehen, weil auch dieser Umstand später schnell zu Problemen führt. Wer einen pöbelnden schwächen Mann mit Schlagstock oder Messer zurückdrängt, selbst aber zwei Meter großer Body Builder ist, handelt nicht verhältnismäßig. Eine kleine Backpfeife hätte hier schon ausgereicht, um klare Grenzen zu setzen.
Im Sicherheitsdienst sind wir alle ständiger Gefahr ausgesetzt und gleichzeitig sind uns oft die Hände gebunden. Immer gilt es dabei abzuwägen, wie stark der Angriff oder Rückschlag sein darf und welche rechtlichen Konsequenzen dies und jenes nach sich ziehen könnte. Das Thema Notwehr hat hier eine tragende Rolle und wir hoffen, wir konnten euch diesbezüglich etwas aufklären.
Ein wirklich sehr gut Verfasser Artikel, da merkt man wie viel Arbeit in den Text hineingesteckt wurde.
Jetzt verstehe ich auch endlich Mal den Unterscheid. Bis gerade eben kannte ich nicht die genauen Unterschiede